Foto: Petra Paumann
Es freut mich ganz besonders, dass die integrative Ernährungsexpertin und Kochkursleiterin, Petra Paumann, diesen spannenden Gast-Artikel geschrieben hat. Das Thema der wärmenden oder kühlenden Wirkung von Lebensmitteln beschäftigt mich selbst schon seit vielen Jahren, weil ich es teilweise sehr intensiv am eigenen Körper wahrnehme. Petras Artikel hat mir einige sehr interessante Hinweise und ergänzende Sichtweisen darauf eröffnet. Aber lesen Sie selbst…!
Unerwartete Symptome als Weckruf
Bevor ich mich mit der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) beschäftigt habe, war es mir schon immer sehr wichtig, mich gesund, ausgewogen und vitaminreich zu ernähren. Daher habe ich mir früher sehr gerne im Winter einen Obstteller in der Arbeit hergerichtet. Gewundert habe ich mich, als mir beim Essen von Kiwi, Banane und Orange kalt geworden ist und meine Finger der rechten Hand weiß und kribbelig wurden. Nach einigen Untersuchungen stand fest, dass ich das Raynaud-Syndrom habe. Das ist eine Durchblutungsstörung, bei der sich die kleinen Arterien in Fingern und/oder Zehen bei Kälte stärker als sonst zusammenziehen.
Als ich mich dann mit der TCM zu beschäftigen begann und gelernt habe, dass Lebensmittel unter anderem gemäß ihrer Thermik eingeteilt werden, war das für mich total schlüssig. Kiwi, Bananen und Orangen sind thermisch kalt. Sie wachsen in südlichen Ländern und erfrischen den Körper bei äußerlicher Hitze. Das klingt logisch. Also begann ich stattdessen im Winter Apfelkompott mit Zimt und Nelke zu essen. Die erfrischende Wirkung der Äpfel wird durch den Kochprozess und durch die Zugabe von wärmenden Gewürzen ausgeglichen. Und damit ging es mir gleich besser.
Yin, Yang und Qi
Zum besseren Verständnis möchte ich aber zuvor ein paar Begriffe erklären. In der TCM spricht man immer von Yin, Yang und Qi. Was versteht man eigentlich darunter?
Grundsätzlich geht es darum, in Balance zu sein, um
- Leere aufzufüllen
- Fülle zu reduzieren
- Stagnationen zu lösen
um damit wieder
- ganz in seine Mitte
- und in die eigene Kraft zu kommen
Die „Mitte“ bezeichnet in der TCM die Organe Milz & Magen, die dem Erd-Element zugeordnet werden. Mit der Mitte ist die Verdauungskraft, die Verstoffwechselung von Nahrung gemeint. Eine starke Mitte ist die Grundlage für unser geistiges und körperliches Wohlbefinden.
Yin und Yang
Ein grundlegendes Denkmodell in der chinesischen Medizin ist die Theorie von Yin und Yang, zweier polarer Gegensätze, die sich ergänzen und eine Einheit bilden. Der Mensch ist gesund, wenn Yin und Yang in Harmonie sind.
Yin wird gemeinhin dem weiblichen Prinzip zugeordnet. Es werden dem Yin Qualitäten wie Kälte, Ruhe, Empfänglichkeit, Passivität, Dunkelheit, das Innere und als Richtung das nach unten und einwärts Gerichtete, zugeordnet. Yin ist das „Anfassbare“, die Substanz. Haut, Haare, Knochen und Blut etwa gehören zum Yin.
Yang gehört zum männlichen Prinzip und damit zu Hitze, Aktivität, Bewegung, Helligkeit, Licht, das Äußere und als Richtung das nach oben und außen Gehende. Mit Yang ist auch Energie und Wärme gemeint.
Man kann Yin und Yang auch mit Saft und Kraft vergleichen, am Beispiel des Herzens:
Yin steht für das Herz und für das Blut und Yang steht für die Pumpkraft des Herzens.
Das Symbol zeigt auf anschauliche Weise die Einheit der beiden Aspekte. Der Kreis symbolisiert das Ganze und ist in Yin (schwarz) und Yang (weiß) unterteilt. Die beiden kleinen Kreise in der gegensätzlichen Farbe verdeutlichen, dass aber auch immer Yin im Yang und Yang im Yin enthalten ist.
Qi
Qi lässt sich schwer in Worte fassen, am ehesten wird es als Lebensenergie übersetzt.
Qi ist ständig in Bewegung. Es fließt durch die Leitbahnen (Meridiane), die über unseren Körper laufen. Die Traditionelle Chinesische Medizin sieht eine Erkrankung immer als Störung oder Ungleichgewicht des Qi. Eine Schwächung, eine Blockade oder auch ein Überschuss an Qi kann ein Organ oder auch ein ganzes Organsystem krank machen. Ziel einer TCM-Behandlung ist es, diese Disharmonie auszugleichen, sodass die Lebensenergie wieder frei fließen kann.
Die Thermik der Nahrungsmittel
Die Thermik eines Nahrungsmittels ist ein wichtiges Kriterium für dessen Wirkung. Man teilt die Nahrungsmittel den fünf Temperaturklassen kalt, erfrischend, neutral, warm oder heiß zu. Der Kochvorgang ändert den thermischen Zustand des Nahrungsmittels zusätzlich: Eine rohe Tomate beispielsweise ist thermisch kalt. Wird sie gekocht, so verringert sich die abkühlende Wirkung. Wird sie zusammen mit erwärmenden Gewürzen wie Rosmarin gegrillt, ist sie noch weniger abkühlend.
Wir können auch verschiedene Nahrungsmittel kombinieren, um deren Wirkungen auszugleichen.
Ein paar Beispiele:
Tomate mit Mozzarella und Basilikum: Tomate und Mozzarella sind kalt bzw. kühlend. Durch die Zugabe von Basililkum wird die kühlende Wirkung etwas ausgeglichen.
Indisches Dhal mit Joghurt-Raita: Die wärmenden, heißen Gewürze im Dhal werden durch das kühlende Joghurt-Raita etwas ausgeglichen.
Kalte Nahrungsmittel
Kalte Nahrungsmittel nehmen überschüssige Hitze aus dem Körper heraus und sollten wegen ihrer auskühlenden Wirkung sparsam bzw. nur bei Hitzezuständen und bei sommerlichen Temperaturen verzehrt werden. Menschen, die leicht frieren oder eine empfindliche Verdauung mit Neigung zu Durchfall haben, sollten sie nur in kleinen Mengen und in der heißen Jahreszeit essen. Auch bei Kindern, die oft eine schwache Mitte haben, ist Vorsicht geboten. Leider werden kalte Nahrungsmittel wie Bananen, Kiwis, Ananas, Melonen, Tomaten, Gurken, Mineralwasser und natürlich Speiseeis häufig genossen. Die stark abkühlende Wirkung kann die Verdauungskraft und das Immunsystem schwächen und zu einer Schädigung von Qi und Yang führen.
Erfrischende (kühle) Nahrungsmittel
Erfrischende Nahrungsmittel braucht der Körper, um Blut und Körpersäfte zu bilden und um Schleimhäute und Gewebe zu befeuchten. Im Prinzip sind diese Speisen das ganze Jahr wichtig, aber sie eignen sich besonders für die warme Jahreszeit. Sie helfen uns, durch Schwitzen verlorene Säfte wieder aufzubauen. Bei empfindlicher Verdauung empfiehlt es sich, diese Zutaten in gekochtem Zustand zu verwenden. Zu den kühlenden Lebensmittel gehören die meisten Gemüsesorten wie Spargel und Zucchini, Salate, heimische Früchte sowie vergorene Milchprodukte wie Joghurt und Kefir.
Neutrale Nahrungsmittel
Nahrungsmittel mit neutraler Thermik haben die größte Bedeutung, denn sie können von jedem Menschen und zu jeder Jahreszeit genossen werden. Sie stärken das Qi und wirken ausgleichend auf den Organismus. Deshalb sollten sie den Hauptbestandteil der Nahrung bilden. Dazu gehören fast alle Getreidesorten, Kohlarten, Hülsenfrüchte, Wurzelgemüse, Nüsse, Pilze und Milchprodukte mit süßem Geschmack wie Milch und Obers/Sahne.
Warme Nahrungsmittel
Diese Nahrungsmittel wirken leicht erwärmend auf den Organismus und sollten zusammen mit neutralen Nahrungsmitteln vermehrt im Herbst und im Winter verzehrt werden. Je kälter die Temperaturen draußen sind, desto mehr sind wärmende Nahrungsmittel zu empfehlen. Sie unterstützen das Yang und sind besonders geeignet für Menschen mit einem Yang-Mangel. Thermisch warme Nahrungsmittel sind z.B. Geflügel, Rotwein, Trockenfrüchte, viele Kräuter und Gewürze, Zwiebeln, Lauch, Fenchel und frischer Ingwer.
Heiße Nahrungsmittel
Erhitzende Nahrungsmittel werden verwendet, um Kälte auszugleichen. In kleinen Mengen sind sie hervorragend für Menschen mit einem Yang-Mangel geeignet. Sie aktivieren das Abwehr-Qi, welches den Körper im Winter wärmt und vor dem Eindringen krankmachender Faktoren schützt. Heiße Nahrungsmittel sollten nur in kleinen Mengen verwendet werden, da sie innere Hitze auslösen können und empfindliche Verdauungssysteme reizen können. Eine thermisch heiße Wirkung haben scharfe Gewürze wie Chilischoten, Tabasco, Zimt und getrockneter Ingwer, aber auch hochprozentiger Alkohol, Selchwaren (Geselchtes, Geräuchertes), gegrilltes Fleisch, vor allem Lamm.
Thermische Veränderung durch Zubereitung
Die Zubereitungsform und Auswahl von Lebensmitteln mit bestimmtem Geschmack und/oder thermischer Wirkung helfen, Yin und Yang ins Gleichgewicht zu bringen.
Hilfreich ist die bewusste Auswahl der Kochmethode. So wirken alle wässrigen Kochmethoden, wie z.B. blanchieren, dünsten, mit Flüssigkeit kochen und das Würzen mit saftig, grünen Kräutern auf den Körper yinisierend, das bedeutet erfrischend und den Säfte-Aufbau unterstützend. Kochmethoden, wie (an)rösten, grillen, braten, räuchern und würzen mit scharfen oder wärmenden Kräutern wirken yangisierend, also wärmend auf den Körper.
Jahreszeitliche Rezept-Vorschläge aus meinem Blog
Frühlings-erfrischender Begleiter oder als Solo-Genuss
Ein sommerlich-kühlendes Gericht
Salate gerne, aber im Herbst und Winter nicht roh
Ein wärmendes Rezept für Herbst und Winter
Geschmorter Lammbraten mit Wurzelgemüse und Rosmarin-Polenta
- Ernährungsberaterin nach TCM (Traditionelle Chinesische Medizin)
- Integrative Ernährungsexpertin
- Kochkursleiterin
- Geführte Detox-Kuren: Detox-Tage in Söll in Tirol
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